Interessengemeinschaft

«Das Kloster Wonnenstein gehört den Frauen»

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Offener Brief an den Bischof von St. Gallen, 11. April 2023

Sehr geehrter Herr Bischof

Seit Dezember 2022 warten wir auf einen Termin, um mit Ihnen in einen Dialog zu treten. In den letzten Monaten wurde öffentlich behauptet, Gespräche mit unserer IG (ig-wonnenstein.ch) seien gescheitert. Sie wissen, dass dies nicht stimmt. Sie haben sich mit unserer IG zu keinem Zeitpunkt getroffen und sind auf Terminvorschläge unsererseits nicht eingegangen. Damit stossen Sie unsere über 850 Mitglieder vor den Kopf, die sich dafür einsetzen, dass das Kloster Wonnenstein ein Frauenkloster bleibt.

Wir müssen Ihnen gestehen, dass wir es nicht fassen können, mit welcher Arroganz der Macht die Studentenverbindung «Bodania» in Sachen Kloster Wonnenstein weiterhin handelt, als wäre nichts geschehen. Und wir fragen uns: Billigen Sie dieses Tun wirklich?

Sie, Herr Bischof, sind ebenfalls Mitglied der «Bodania», der viele Juristen und Betriebswirtschafter angehören. Sie haben es durch Ihre Position überhaupt erst möglich gemacht, dass diese Leute sich an ein Kloster heranmachen konnten, dessen betagte Schwestern ihnen in betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Fragen in keiner Weise gewachsen waren. Die «Bodaner» haben die Schwestern mit Hilfe Ihrer geistlichen Autorität dazu gebracht, einen «Rechtskleidwechsel» zu vollziehen. So ist aus einem als Kloster eingetragenen Institut ein Verein allein nach schweizerischem Recht der Eigentümer des Klosters geworden. Das Kloster wurde dadurch den Schwestern entzogen, ohne dass diese wussten, wie ihnen geschah. Werden Sie und das Bistum St. Gallen sich je Ihrer schweren Verantwortung stellen?

Die letzte Schwester des Klosters, Sr. Scolastica, ist den «Bodanern» seither unbequem. Als sie sich mit Corona infizierte, hat Ihr damaliger Kanzler Claudius Luterbacher versucht, die KESB (Kindes- und Erwachsenen-Schutzbehörde) zu instrumentalisieren, um mit Hilfe des Staates diese Schwester zu entmündigen und loszuwerden. Gott sei Dank war wenigstens beim Staat jene Objektivität vorhanden, die wir bei der Kirche zurzeit so schmerzlich vermissen. Denn die KESB hat dem Ansinnen, Sr. Scolastica die Freiheit zu entziehen, eine Absage erteilt und nach Recht und Gesetz gehandelt. Werden Sie und das Bistum St. Gallen für diesen unwürdigen Akt Verantwortung übernehmen?

Unsere IG (ig-wonnenstein.ch) ist daran interessiert, dass Wonnenstein ein Frauenkloster bleibt. Uns ist bewusst, dass Sie und die «Bodaner» behaupten, das gleiche Ziel zu verfolgen. Mit Verlaub: das ist nicht wahr. Was die «Bodaner» bisher getan haben, deutet darauf hin, dass diese nur einfach warten, bis Sr. Scolastica weg ist, um dann ihre Geschäfte mit der Immobilie Wonnenstein und dem dazugehörigen Land zu machen. Wie man auf unsere IG reagiert, nämlich mit Ignorieren, Hinhalten und Delegitimieren, zeigt ebenfalls, dass diese Leute unbeirrt ihre Ziele verfolgen. Und Sie machen sich daran mitschuldig.

Wenn Sie, Herr Bischof, eine neue Frauengemeinschaft suchen und finden wollen, dann tun Sie es zusammen mit unserer IG. Wir sind bereit, hier unsere Arbeit zu leisten. Aber bisher ignorieren Sie uns, genau wie die «Bodaner» dies tun. Glauben Sie, dass durch dieses Verhalten etwas Positives für die Zukunft erreicht werden kann? Treiben Sie durch Ihr Verhalten von oben herab nicht noch mehr Menschen aus der Kirche? Ist Ihnen das gleichgültig?

Wir haben den Nuntius, den Vertreter des Papstes in der Schweiz, Bischof Martin Krebs, über unsere Situation informiert. In seinem Antwortschreiben an uns spricht der Nuntius von einer «gemeinsamen Lösung». Er möchte, dass wir mit Ihnen, Herr Bischof, diese gemeinsame Lösung suchen und erwartet ein «synodales Miteinander und gegenseitiges Zuhören». Wir sind dazu bereit, Herr Bischof. Sind Sie es auch?

Ignorieren Sie uns nicht länger und bekennen Sie sich zu geeigneten Massnahmen, damit die Rechtsakte, die unter Täuschung der ehemaligen Schwestern von Wonnenstein gesetzt wurden, rückgängig gemacht werden können. Das Kloster und sein Vermögen müssen in eine kirchliche Stiftung überführt werden. Sie wissen, Herr Bischof, dass der Apostolische Stuhl eine solche Lösung bevorzugt, denn ein weltlicher Verein kann seine Statuten schon morgen ändern und ohne kirchliche Kontrolle und Aufsichtsorgan handeln. Deshalb sind wir überrascht in den Medien zu lesen, dass Sie eine Stiftung ablehnen. Der Vatikan hat betont, dass ein einziger Vertreter des Bistums im heutigen Vereinsvorstand der Bodaner, zusammen mit einer einzigen Schwester, keine Mehrheit hat, um eine Fehlentwicklung zu verhindern. Aus diesem Grund wurden Sie, Herr Bischof, angewiesen, ein Treffen mit dem Dikasterium und mit je einem Vertreter des Bistums, des Vereins und von unserer Seite zu organisieren, damit eine Lösung gefunden werden kann. Es ist im Interesse des Heiligen Stuhls, Kirchenvermögen zu erhalten und den kirchlichen Zweck auf Dauer zu sichern. Dennoch haben Sie zu keinem Zeitpunkt versucht, mit uns eine solche Lösung zu suchen.

Wir sind seitens der IG (ig-wonnenstein.ch) gerne weiterhin bereit, Ihnen unsere Anliegen und Pläne persönlich vorzutragen. Stellen Sie sich deshalb dem Dialog, damit das Kloster Wonnenstein eine geistliche Zukunft hat, unter kirchlicher Aufsicht, frei von den Machtspielen weltlicher Geschäftsleute.

Es ist bei zahlreichen Gläubigen viel Vertrauen in den Bischof und die Kirche zerstört worden, aber es ist noch nicht zu spät.

Interessengemeinschaft «Das Kloster Wonnenstein gehört den Frauen»
www.ig-wonnenstein.ch

Seit 650 Jahren leben und wirken im Kloster Wonnenstein Frauen in gemeinschaftlicher Lebensform. Um 1379 wurde ein Beginenkloster gegründet, um 1590 übernahmen die Schwestern die Kapuzinerinnenregel. 2022 lebt mit Sr. Scolastica Schwizer nur noch eine Ordensschwester im Kloster. Sie hält das reiche Erbe der Kapuzinerinnen in Gebet und Arbeit treu aufrecht.

Die Bodaner übernehmen das Kloster

In den letzten Jahren hat die Altherrenvereinigung der Studentenverbindung «Bodania» bestehend ausschliesslich aus Männern die Geschicke des Klosters übernommen. Es sind grosse Umbauten und Umwidmungen geplant. Dadurch wird der klösterliche Charakter verändert und die Möglichkeit, dass weiterhin Ordensschwestern in Wonnenstein leben können, massiv verringert. Es kann vermutet werden, dass wirtschaftliche und nichtkirchliche Eigeninteressen der neuen Besitzer den jahrhundertealten klösterlichen Geist ablösen werden. Leider wird der Stimme von Schwester Scolastica in all den Zukunftsfragen zu wenig Gewicht beigemessen, es wird gar versucht sie aus dem Kloster zu entfernen.

Unsere Ziele

Das Kloster hat einen grossen historischen und geistlichen Wert, ist ein alter und wichtiger Ort von Frauenspiritualität. Dieser muss unbedingt als solcher erhalten bleiben und darf nicht von Männerbünden aufgelöst werden.

Die Interessengemeinschaft «Das Kloster Wonnenstein gehört den Frauen» (IG Wonnenstein) setzt sich dafür ein, dass das Kloster Wonnen-stein auch in Zukunft von einer römisch-katholischen Schwesterngemeinschaft belebt wird. Hierzu beteiligt sich die IG Wonnenstein an der aktiven Suche nach einer passenden Gemeinschaft und unterstützt Schwester Scolastica in all ihren Bemühungen, das Kloster als Kloster zu erhalten. Zudem steht die IG Wonnenstein dafür ein, dass Schwester Scolastica weiterhin im Kloster Wonnenstein leben und wirken darf.

Die IG Wonnenstein will, dass die Geschichte der Klosterübernahme durch die Studentenvereinigung transparent aufgearbeitet und korrigiert wird. Auch sollen die kirchenrechtlichen Vorgaben eingehend beleuchtet und für die Zukunftslösung korrekt angewandt werden. Der gesamte Klosterbesitz soll einer Stiftung zugeführt werden. Dem Anliegen, dass das Kloster Wonnenstein als Frauenkloster erhalten bleibt, soll alles untergeordnet werden.